Wer übernimmt die Verantwortung?

Eine Erinnerung

Letztens unterhielt ich mich mit guten Freunden über das Thema Eigenverantwortung. Dabei kam mir folgendes Ereignis wieder in den Sinn:

Ich war ausnahmsweise mit dem Auto zu meiner Schule gefahren, weil ich für diesen Tag zu viel und zu empfindliches Material mitnehmen musste, um es auf dem Fahrrad zu transportieren. Mit mir zusammen parkte ein weiteres Auto auf dem Schulparkplatz und es stieg ein Junge aus, der in die siebte Klasse ging. Dieser Junge war im Unterricht immer extrem „hibbelig“. Wobei wir Lehrer uns einig waren, dass er bestimmt kein ADHS hat, sondern im Alltag einfach zu wenig Bewegung bekam.

Also ging ich zu dem Vater des Jungen und fragte, ob sie nicht im gleichen Dorf wohnten, in dem auch die Schule ist. Ich rede hier wirklich von einem kleinen Dorf, mit relativ wenig Verkehr, wo jeder jeden kennt und die Wege alle kurz sind. Der Vater bejahte. Daraufhin fragte ich ihn, warum sein Sohn (13 Jahre alt) denn nicht zu Fuß in die Schule käme. (Mit dem Hintergedanken, dass er dann wenigstens etwas Bewegung vor und nach der Schule hätte. Was ihm selbst am meisten zugute gekommen wäre, und den Klassenkameraden und Lehrern auch.) Der Vater war etwas verwirrt und sagte: „Ich weiß gar nicht, ob er den Weg finden würde. Er ist noch nie alleine zur Schule gelaufen.“

Ich war sprachlos. Und das kommt echt selten vor.

 

Wer übernimmt die Verantwortung?

Leider ist das gerade in der Schule kein Einzelfall.

In der Krankenhausschule ist ein großes Thema bei den Jugendlichen, sie überhaupt erst einmal in eine eigene Verantwortung zu führen. Denn nur, wer für sich selbst die Verantwortung übernimmt, kann auch für sein eigenes Glück die Verantwortung übernehmen. Und nur, wer für sein eigenes Glück die Verantwortung übernimmt, kann maximal glücklich sein.

Natürlich hat jeder auch Glücksmomente, die ihm einfach in den Schoß fallen. Sorge ich dafür, dass mein Leben so aufgebaut ist, dass diese Glücksmomente sich häufen, dann wird mich nur ein harter Schicksalsschlag (z.B. dass eine geliebte Person stirbt) aus meinem Glück vertreiben. Und wenn ich dann daran gewöhnt bin, mich um mein Glück zu kümmern, werde ich aus dem Unglück besser und wahrscheinlich schneller wieder heraus kommen.

Ich persönlich bin auch davon überzeugt, dass glückliche Menschen seltener wirklich ernsthaft erkranken, weil das Immunsystem erwiesenermaßen besser aufgestellt ist. Natürlich spielen auch da Umweltfaktoren eine Rolle – unbenommen. Doch die Wahrscheinlichkeit sinkt erheblich.

Wer ist also besser geeignet für mich die Verantwortung zu übernehmen als ich selbst?

 

Kreative Problemlösung

Folgender Satz hat mich vorgestern sehr zum Nachdenken gebracht, als ich ihn wieder einmal hörte (er ist Bestandteil jeder guten Coachingausbildung):

„Dein Coachee hat sein Problem mit sehr viel Kreativität und Arbeit über Jahre hin erschaffen. Deswegen ist auch der Coachee der Experte für sein Problem. Allein der Coachee kann sich aus dem Problem herausführen.“

Der Coach hat die Verantwortung dafür, den ebenfalls sehr kreativen Problemlösungsprozess in Gang zu bringen und in Gang zu halten. Das macht er durch gut gelenkte (Gesprächs-)Führung, damit der Coachee motiviert bleibt, an diesem Problem dran zu bleiben. Außerdem nimmt der Coach den Coachee in die Pflicht, selbst kreierte Lösungswege zumindest einmal so lange auszuprobieren, bis sie sich als sinnvoll oder unnütz erwiesen haben. Sind sie sinnvoll, werden sie weiter verfolgt, sind sie unnütz, hilft der Coach dem Coachee dabei neue Lösungswege zu finden.

Oberstes Gebot für den Coach, wenn der Coachee gerade nachdenkt: „Klappe halten!“ Und wenn es eine ganze Sitzung dauert. Wenn der Coach merkt, dass es hinter der Stirn des Coachees gerade mächtig arbeitet: „Klappe halten!“

Glaubt mir, das ist gerade für eine so schnell handelnde Person wie mich nicht leicht und durchaus ein Feld, in dem ich mich noch sehr verbessern darf. Und doch gelingt es mir immer besser, weil ich die Ergebnisse sehe. Und die sind einfach viel viel besser, wenn der Coachee von sich aus auf kreative Lösungen kommt. Denn auch Ratschläge sind Schläge.

 

Im Hier und Jetzt

Ich habe keine Heilerlaubnis. Das heißt, dass ich nicht in der Vergangenheit der Coachees herumwühlen darf. Das ist aus gutem Grunde Therapeuten vorbehalten.

Ich arbeite mit den Coachees im Hier und Jetzt. Jeder, der schon einmal meditiert oder andere Achtsamkeitstechniken angewandt hat, weiß, dass das genau die Essenz dieser Techniken ist: Im Hier und Jetzt sein.

Was vergangen ist, können wir nicht mehr ändern. Und zum Aufarbeiten dessen, was in der Vergangenheit passiert ist, bin ich die falsche Adresse.

Ich habe für mich ganz privat auch festgestellt, dass ich glücklicher bin, wenn ich mich auf das Hier und Jetzt konzentriere. Meine Jugend war nicht gerade die glücklichste. Zum Glück hatte mich die Erziehung in meiner Kindheit schon sehr selbstverantwortlich gemacht, so dass ich durch die stürmischen Zeiten meiner Jugend (Scheidung der Eltern, ein sehr unschöner Scheidungskrieg, Verantwortung für die jüngeren Geschwister übernehmen…. ) trotzdem gut durchgekommen bin. Ich habe mir meine Nischen gesucht, wo ich ich sein konnte. Musik war ein großer Teil davon, mit dem Ergebnis, dass ich Musik studiert habe und mir mit der Zeit des Musikstudiums einfach eine großartige Zeit selbst geschenkt habe.

Würde ich mich gedanklich in meiner Jugend (so von 12-20 Jahren) herumtreiben, dann ginge es mir wahrscheinlich dauerhaft nicht gut.

Also bleibe ich lieber im Hier und Jetzt. Da will und muss ICH dafür sorgen, dass es mir gut geht. Und NUR ICH kann auch dafür sorgen. Dafür sind weder meine Kinder noch mein Ehemann zuständig. Das liegt ganz alleine in meiner Verantwortung. Dass ich mich mit diesen meinen liebsten Menschen gut verstehe, trägt natürlich zu meinem Glück bei. Das ist von außen gegebenes Glück, für das ich vor allem sehr dankbar bin.

 

Für die Zukunft

Ein weiterer Punkt, den ich bei mir und mit meinen Coachees im Auge habe, ist das, was ich von meiner Zukunft erwarte.

Hier hilft mir mein Persönlichkeitsmodell, das ich ja durch meine Ausbildung zum Deep O.C.E.A.N.© – Coach gut kenne, extrem weiter. Früher habe ich mir immer wieder weit entfernte Ziele gesetzt. Bis ich gelernt habe, dass ich die nicht gut erreiche, weil mir auf dem Weg dahin die Puste ausgeht. (Warum das so ist, steht in diesem Blogartikel:  https://holz-lerncoach.de/was-bist-du-bereit-zu-geben/)

Wichtig ist, dass ich eine Zukunftsperspektive habe und mich danach strecken kann. Bei mir eben eher mit kurzfristigen Zielen. Andere, die ein entsprechendes Persönlichkeitsmodell haben, können sich auch fernere Ziele suchen und werden diese erreichen. Ganz ohne Ziele lohnt es sich ja nicht, in irgendetwas Arbeit hinein zu stecken. Arbeiten ohne Sinn und Zweck dahinter, vielleicht nur um sich auch morgen noch ein Brot kaufen zu können, macht Menschen krank. Auch das ist inzwischen erwiesen.

Deswegen suchen wir im Coaching nach der Vision, die den Coachee antreibt. Dabei kommen manchmal sehr überraschende Ergebnisse zutage. Manchmal auch schockierende. Das allerdings meistens für Eltern, wenn die Kinder entdecken, dass sie sich bisher nach den Zielen der Eltern gestreckt haben und das überhaupt nicht ihre eigenen Ziele sind. Dann gebe ich jüngeren Coachees auch Schützenhilfe bei ihren Eltern, weil ich WEISS, dass sie kein glückliches Leben führen könne, wenn sie das von ihren Eltern geplante Leben führen müssen. Auch das sehe ich als meine Aufgabe als Coach an. Und meine Loyalität gilt an dieser Stelle allein dem Coachee!

 

Eigenverantwortung schenken

Mitmenschen ihre Eigenverantwortung zu übergeben ist ein großes Geschenk an diese Mitmenschen. Gerade von Eltern, die sich von klein auf um ein Kind gekümmert haben. Zu erkennen, wann wieviel Eigenverantwortung möglich ist und dafür den Freiraum einzuräumen, das zeugt von echter Liebe! Als Mutter weiß ich, wie schmerzhaft das sein kann, und auch mir gelingt es nicht immer. Glücklicher Weise ist es mir gelungen meine Kinder dahingehend zu erziehen, dass sie mir das offen sagen. Mal freundlich, mal genervt. Da muss ich dann einfach durch!

Die Person, die den Freiraum nicht als Geschenk bekommt, muss gegebenenfalls dafür kämpfen. Dazu ermutige ich meine Coachees und stehe ihnen dabei auch zur Seite. Und doch ist das für alle Beteiligten ein schmerzhafter Prozess. Für mich trotzdem ein lohnenswerter Prozess, denn am Ende steht das selbst erschaffene Glück.

 

Ich wünsche dir eine glückliche und kreative Woche, in der du im Hier und Jetzt lebst und eigenverantwortlich an deiner Zukunftsvision arbeitest.

Deine Daniela