Wer kennt seine Talente?

„Mädchen glauben selten an ihre Talente“

Diese Überschrift aus den Stuttgarter Nachrichten (11.03.2022, Seite 8) fiel mir natürlich sofort ins Auge. Denn leider entspricht diese Beobachtung auch meiner Erfahrung, sowohl als Lehrerin als auch als Lerncoach. (Hier findet ihr einen Teil des Berichtes: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.internationale-pisa-studie-weniger-maedchen-als-jungen-halten-sich-fuer-talentiert.1165b61c-3dc7-4f39-9b9f-56a0b14dde62.html)

Laut diesem Zeitungsartikel ergab eine spezielle Auswertung der PISA-Studie aus dem Jahr 2018 nicht nur, dass 15-jährige Mädchen weniger an ihre Talente glauben als gleichaltrige Jungen, sondern auch, dass dieser Glaube ausgerechnet in den wirtschaftlich gut entwickelten Ländern stärker ist als in weniger entwickelten. Ja, dass sogar ein hoher wirtschaftlicher Entwicklungsstand eines Landes mit dem geringeren Glauben an sich selbst bei Mädchen korreliert.

Auch wenn mir das Problem durchaus bewusst ist, denn ich spüre es wirklich täglich in meinem Alltag, das hat mich dann doch ziemlich geschockt.

Woran liegt es nur, dass in aufgeklärten, angeblich gleichberechtigt eingestellten Staaten die Mädchen so viel weniger Zutrauen zu sich selbst haben als die Jungen?

 

 

 

„Eltern halten ihre Söhne für talentierter“

… war denn auch eine der Überschriften innerhalb des Artikels.

Das erklärt das Phänomen zumindest zu einem Teil. Und leider deckt sich auch das durchaus mit meinen persönlichen Erfahrungen.

Da kommt zum Beispiel ein Vater ins Elterngespräch mitsamt seiner Tochter und sagt in ihrer Anwesenheit: „Ja, mit Sprachen hatte sie schon immer ein Problem. In Mathe ist sie erstaunlicherweise gut, obwohl sie ein Mädchen ist.“

Ganz ehrlich, am liebsten wäre ich diesem Vater ins Gesicht gesprungen!!!

Habe ich natürlich nicht getan. Dafür habe ich ihm erklärt, dass viele meiner fähigsten Matheschülerinnen eben SchülerINNEN sind. Dass Mädchen, auch wenn sie das oft viel leiser machen als ihre männlichen Klassenkameraden, meistens die besseren Noten schreiben – auch und gerade in den Naturwissenschaften. Und dennoch halten sie sich immer noch für schlechter. Gerade die guten Schülerinnen!

Leider höre ich von Eltern – Vätern wie Müttern – immer noch häufig Sätze wie von diesem Vater. Oder auch: „Das muss sie doch gar nicht können, sie ist doch NUR ein Mädchen.“

Wir sind anscheinend in der westlichen Welt nicht so weit in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts angekommen, wie wir uns das selbst gerne vormachen. Ich bin gar keine Kampfemanze, gendern geht mir meist auf den Geist, denn ich bin nicht nur eine Frau, weil irgendwo ein „-in“ hinten dran hängt. Aber ganz ehrlich, bei solchen Aussagen platzt mir der Kragen und ich stehe kurz davor, die Person, die so etwas sagt, zu packen und zu schütteln.

 

 

 

„Man kann nicht nicht hypnotisieren“

… sagt mein Hypnoseausbilder Alexander Hartmann (https://www.alexanderhartmann.de/system23/). Und Recht hat er!!!

Es reicht schon einem Kind einmal zu sagen, dass es etwas nicht kann, und der Schaden ist angerichtet.

Irgendwo tief in sich drin, im Unterbewusstsein, speichert das Kind das ab und es wird immer wieder hervorkommen. Auch wenn das Kind schon längst das Gegenteil bewiesen hat (z.B. durch gute Mathenoten), sich selbst wird es von diesem Gegenteil nicht überzeugen können.

Und wenn es diese Aussage von seinen Eltern oder anderen ihm nahestehenden und wichtigen Personen oder von den Lehrern immer und immer wieder zu hören bekommt, dann wird sich diese vermeintliche Wahrheit immer tiefer und tiefer in das Gedächtnis dieses Kindes eingravieren.

Die Folge? Mangelndes Selbstvertrauen auf ganzer Linie – wie viele Talente gehen auf diese Art und Weise verloren?

 

 

Warum ist es in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern anders?

Laut dem erwähnten Zeitungsbericht liegt es daran liegt das daran, dass bei uns der Individualismus mehr im Vordergrund steht. Selbstverwirklichung und Selbstdarstellung ist angesagt.

Ich interpretiere das so: In wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern hat jeder, Mädchen wie Jungen, seine Rolle in der Gesellschaft zu erfüllen. Die Mädchen lernen schon früh die Fähigkeiten, die sie brauchen, um später ihre Familie zuhause versorgen zu können. Oder auch das Feld richtig bearbeiten zu können um noch etwas zum Speiseplan beitragen zu können. Die Aufgaben sind ganz klar, für Jungen wie für Mädchen. Und beide Geschlechter wissen, dass sie das können, und sind sich ihrer Rolle und ihrer Stellung in der Gesellschaft bewusst. Und selbst, wenn sie die Arbeit, die ihnen zugedacht ist, nicht mögen, gibt es doch Halt und Selbstvertrauen, wenn man sich sicher ist, dass man seine Rolle auf jeden Fall erfüllen kann.

 

 

Bei uns sind diese Geschlechterrollen aufgelöst (na ja, jedenfalls mehr als in diesen Ländern). Die Folge ist leider nicht nur ein individuelleres Leben, bei dem sich jeder um seine Belange kümmern kann und soll, sondern auch ein viel größerer Konkurrenzkampf. Meine Stellung in der Gesellschaft wird mir nicht mehr in die Wiege gelegt. Ich muss sie mir erarbeiten und darum kämpfen.

Wenn den Mädchen jetzt noch eingeredet wird, dass sie das ja sowieso nicht können – wozu sollen sie dann arbeiten und kämpfen? Ist doch eh völlig sinnlos.

Hinzu kommt ein weiterer Punkt, der auch in dem Zeitungsbericht genannt wurde:

 

„Mädchen mögen den Wettbewerb nicht so“

Sie mögen nicht nur den Wettbewerb nicht so, sie stellen sich auch nicht so gerne in den Vordergrund. Auch das oft ein Produkt der Erziehung.

Die Folge: sie werden trotz guter Leistungen weniger wahrgenommen als ihre Mitschüler und machen seltener Wettbewerbe mit, die ihnen im späteren Berufsleben Türen öffnen könnten.

Hier MUSS einfach ein Umdenken erfolgen. Denn die Qualitäten, die Mädchen stattdessen mitbringen, sind unglaublich wertvoll. Social Skills, miteinander arbeiten, miteinander Lösungen finden. Dass das die Zukunft erfolgreichen Arbeitens ist, das hat sich inzwischen in vielen Unternehmen herumgesprochen. Sollte man ein solches Verhalten dann nicht schon viel früher fördern und wertschätzen? In der Familie, sobald das Kind da ist, in der Kinderkrippe, im Kindergarten und in der Schule? Und ist es wirklich so schlimm, dass manche Kinder ihre Werke nicht öffentlich darstellen wollen, weil sie nicht gerne im Rampenlicht stehen (übrigens auch Jungen)? Oft gibt es dafür schlechtere mündliche Noten im Unterricht!

Und wenn dann ein Mädchen doch eine richtige „Rampensau“ ist, warum ist es dann unbescheiden und vorlaut, während ihr männlicher Kamerad einfach nur tough ist?

Zum Glück hat mich vor allem mein Vater in meiner unverblümten Art akzeptiert, gefördert und geschätzt. Mir wurde die Rampensau nie abgewöhnt.

Und auch in der Berufswelt muss ein Umdenken erfolgen. Warum werden Frauen immer noch schlechter bezahlt als Männer? Meiner Meinung nach, weil sie immer noch zu wenig für sich selbst einstehen und sich – aufgrund ihrer erlernten Strukturen – denken: „Na ja, vielleicht habe ich das wirklich nicht verdient.“

Das ist die Folge des mangelnden Selbstbewusstseins in der Kindheit. Denn das wirft sich ja nicht im Erwachsenenalter plötzlich um dich herum einen wie ein magischer Mantel. Das müssen sich Frauen, die immer so erzogen wurden, schwerstens erarbeiten!

 

Die Aufgabe des Coachings

Wenn ich coache – egal ob Mann oder Frau, egal, welches Alter, egal, wo beim Thema Lernen der Schuh drückt – dann ist eines meiner Hauptthemen IMMER das finden der eigenen Stärken.

Gerade deswegen hat mich dieser Bericht so erschüttert, weil er mir (mal wieder) vor Augen geführt hat, wie wichtig es ist, an sich selbst zu glauben.

Ich hatte schon Coachees, die wollten, nachdem sie wussten, was wirklich in ihnen steckt, gar keine Lernmethoden mehr haben: „Ich schaff das alleine, ich kann das.“ Und: „Ich finde das voll cool, dass ich das jetzt alleine schaffe.“

Was für eine andere Welt, in der ein solcher Mensch plötzlich leben darf!

Eigenlob stinkt übrigens nicht! Eigenlob ist der erste Schritt dahin zu erfassen, was wirklich in mir steckt.

Warum also fragen viele immer und immer wieder: „Was kannst du nicht, dann arbeiten wir daran?“ anstatt zu fragen: „Was kannst du? Damit können wir dann weiter arbeiten und dafür sorgen, dass du aus den Fähigkeiten, die du schon hast, noch viel mehr Fähigkeiten entwickelst!“

Ist diese positive Formulierung nicht gleich viel motivierender?

 

 

Die Folgen des mangelnden Glaubens an das eigene Talent

„Der Frauenanteil bei den MINT-Absolventinnen und -Absolventen liegt 2019 bei knapp 32 Prozent.“ (aus: https://nachrichten.idw-online.de/2020/09/30/komm-mach-mint-ueber-34-prozent-der-mint-studierenden-im-ersten-fachsemester-sind-weiblich/#:~:text=Der%20Frauenanteil%20bei%20den%20MINT,Studieng%C3%A4ngen%20Elektrotechnik%2FInformationstechnik%20und%20Informatik.)

Weniger als die Hälfte, immer noch.

Nun weiß ich, dass in einem Sonderstudiengang Physik in Toulouse, in den nur die besten Schüler aufgenommen werden, weitaus mehr als die Hälfte der Studenten weiblich sind. Wenn, dann also richtig. Das sind wahrscheinlich die Frauen, die schon als Kind absolute Bestätigung in diesem Fach erfahren haben. Sie WISSEN einfach, dass sie es können. Ohne Wenn und Aber!

Über die finanziellen Folgen habe ich schon oben geschrieben.

Das mangelnde Vertrauen in das eigene Talent macht sich überall negativ bemerkbar.

 

Wandel meines Selbstverständnisses als Coach

Als ich mit dem Lerncoaching angefangen habe, ging es mir vor allem darum, mit neuen Lernmethoden meine Schüler mehr zu motivieren. So der ursprüngliche Plan.

Schon in der Lerncoachausbildung erfasste ich, dass hinter Coaching so viel mehr steckt als – in meinem Fall – die Vermittlung von Methoden.

Ich machte dann noch ein paar andere Ausbildungen: NLP, Hypnose, und vor allem, für mich der totale Gamechanger: das Deep O.C.E.A.N.© Coaching. (https://holz-lerncoach.de/endlich-deep-o-c-e-a-n-coach/) Mit letzterem stieg ich für mich einfach nochmal in eine ganz andere Ebene der Selbsterkenntnis ein, die mir jetzt enorm weiter hilft.

Heute bin ich der festen Überzeugung: egal, was du machst, das wichtigste ist, dass du es mit der Überzeugung machst, dass du es KANNST!!!

Und genau das will ich meinen Coachees vermitteln: du KANNST es. Vielleicht musst du an der einen oder anderen Stelle einen kleinen Umweg gehen, weil eine Handlungs- (Lern-) weise nicht deiner Persönlichkeit entspricht. Dann finde einen Weg, der mit deiner Persönlichkeit in Übereinstimmung steht – so wird es klappen – 100%!!!

 

Ich wünsche dir eine tolle Woche, in der du machen darfst, was du gerne machst UND kannst, mit dem Wissen, dass du es kannst.

Deine Daniela

Eine Antwort

  1. Ich liebe diesen Satz: „Das mangelnde Vertrauen in das eigene Talent macht sich überall negativ bemerkbar.“ Auch wenn man Negatives nicht noch bestärken soll, es ist eine Warnung. Mir wird dabei bewusst, dass es immer hilfreicher ist, wenn etwas gelingt. Das Glas auf den Tisch stellen, statt es umwerfen. Etwas zum Gelingen bringen, weil ich es schaffen darf, können oder verstehen darf, for free! Man darf etwas gut machen und man darf sich freimachen: andere sehen Dinge anders. Trotz Beziehung muss man nicht die selben Ziele haben und es ist gut, dass wir alle ein bisschen verschieden sind. Ein Profil haben: das führt zum zweiten super Satz: „Heute bin ich der festen Überzeugung: egal, was du machst, das wichtigste ist, dass du es mit der Überzeugung machst, dass du es KANNST!!!“ Das ist doch ein großes Schild auch dem nächster Halt: Hoffnung, Zukunft und Entwicklung stehen. Das ist verbunden mit Arbeit, aber auch Freude und es macht Sinn.