Die Lehre der Unken

Vorfreude auf meine Unken

Gestern habe ich das Aquaterrarium für meine Unken, die drei Monate lang Pause vom Leben gemacht haben, fertig gemacht.

Das steht immer den ganzen Winter (fast) leer und wartet auf die Unken, die in ihrer Überwinterungskiste im Kellerkühlschrank schlafen.

Im Frühjahr ist dann erstmal putzen angesagt: Steine und Fenster reinigen, Pflanzen auf Vordermann bringen, vielleicht neue Pflanzen einsetzen. Filter reinigen und wieder ans Laufen bringen.

Bei so einem großen Aquaterrarium (1,20m x 0,80m) braucht man dafür leicht einen ganzen Morgen.

Diese Arbeit mache ich mit Freude, weil ich weiß, dass meine kleinen Unken wieder einziehen. Dann quaken sie (eigentlich quaken Unken ziemlich leise, das Glasterrarium ist ein unglaublich guter Schallkörper), schwimmen herum, jagen ihrem Futter nach. All diese Dinge höre bzw. beobachte ich furchtbar gerne.

Und ich weiß: ab morgen ist wieder Leben im Terrarium.

 

 

Winterstarre

Unken verfallen, wie andere Amphibien auch, ab einer bestimmten Temperatur in Winterstarre.

Im Sommer und Herbst nehmen sie so viel Nahrung wie möglich zu sich, um für die lange Zeit des Winters, in dem es ja gar keine Insekten oder Würmer gibt, die sie fressen könnten, gerüstet zu sein.

Dann suchen sie in der freien Natur geschützte Räume auf, weg vom Wasser, unter Laubhaufen, in am Boden liegenden Baumhöhlen oder ähnlichem.

Bei meinen Terrarienunken merke ich, dass sie bereit zum Winterschlaf sind, wenn sie sich vermehrt auf dem Landteil und nicht mehr im großen Wasserteil aufhalten.

Sie merken, dass es Zeit zum Ausruhen ist. Die Körperfunktionen werden auf ein absolutes Minimum heruntergefahren. So warten sie auf den Frühling.

 

Ruhephase – Überlebensnotwendigkeit

Für die Unken und viele andere Amphibien ist die Winterruhe überlebensnotwendig.

Ohne diese kommt im Frühjahr keine Vermehrungsstimmung auf. Wenn ein Terrarienbesitzer also Nachwuchs haben will, dann MUSS er seine Unken in die Winterstarre schicken. Ansonsten sollte er das übrigens auch tun, weil es einfach ihrem natürlichen Rhythmus entspricht und sie sich so viel wohler fühlen.

Sie sammeln im Winter anscheinend die Kraft, die sie brauchen, um sich im Frühjahr fortpflanzen zu können. Und auch das funktioniert dann nicht sofort. Zuerst müssen sie wieder etwas dicker werden, denn nach der langen Hungerphase sind sie ganz schön dünn. Und wenn sie dann wieder etwas zugelegt haben, dann geht es los.

Und plötzlich schwimmen da Kaulquappen durch das Terrarium bzw. durch den Tümpel in freier Natur.

 

 

Ich hatte übrigens schon öfter Kaulquappen, aber erst einmal habe ich den dazugehörigen Laich gesichtet. Diese Unkenmütter sind supergeschickt darin, ihren Laich wirklich sicher zu verstecken!

 

Ruhephasen bei den Menschen

Immer mal wieder fahre ich mit meiner Familie zum Campus Galli (https://www.campus-galli.de/). Dort wird nach Originalplänen eine mittelalterliche Stadt mit mittelalterlichen Werkzeugen erbaut. Jedenfalls so weit das mit modernen Sicherheitsansprüchen in Übereinstimmung zu bringen ist. Für die Eltern unter euch: wir haben da schon einmal eine phantastische Geburtstagsfeier gemacht!

Bei einem Besuch machten wir eine Führung mit. Und die Führerin erzählte uns, dass im Mittelalter die Ruhe im Winter absolut notwendig für die Menschen gewesen ist.

Sie hatten nur sehr unzureichendes künstliches Licht, weswegen sie im Prinzip mit dem Dunkelwerden ist Bett gingen und beim Hellwerden aufstanden.

Das bedeutete im Winter sehr viel Schlaf.

 

 

Nach Frühling, Sommer und Herbst, in denen die Bauern ständig auf dem Feld waren und schwerste Arbeit vollbrachten, brauchten sie diesen Schlaf, um wieder Kraft für das neue Jahr zu schöpfen. Ohne diesen Schlaf hätten sie das nicht Jahr um Jahr machen können.

Es war eine natürliche Pause. Von der Natur vorgegeben.

Und auch ansonsten war ihr Alltag davon geprägt, dass inmitten ihrer harten Arbeit eine Pause gemacht wurde. Der heilige Sonntag (oder Freitag, Samstag…. je nach Religion) jede Woche, verschiedene Feste über das Jahr verteilt. Zeit, innezuhalten und an etwas anderes als immer nur an die Arbeit zu denken.

 

Und heute?

Weder im Winter noch am späten Abend treibt uns das mangelnde Licht ins Bett.

 

 

Gottesdienste sind wenig besuchte Veranstaltungen. Vielleicht feiert man noch die Feste mit seiner Familie, aber auch das ist leider nicht mehr bei allen Menschen gegeben.

Das Ergebnis: Viele arbeiten Tag und Nacht, selbst wenn sie keine Schichtarbeiter sind. Das ganze Jahr ohne Pause durch. Durch das Homeoffice, so viele Chancen es auch bietet, ist das bei manchen sogar noch verschärft worden. „Ich seh‘ nur noch mal schnell in meine Arbeitsmails!“ – Und schon ist man mitten im Urlaub oder am Sonntag in der Arbeit gefangen.

In den Medien gibt es eine Flut von Artikeln über Depressionen, Burnout und anderen psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen. Viele davon sind das Ergebnis eines Lebens, in das überhaupt keine Ruhe mehr einkehrt.

 

Planung ist alles

Wenn ich mit meinen Coachees über sinnvolle Lernplanung rede, sind viele erstaunt darüber, dass ich sage: „Das wichtigste am Lernplan sind die GEPLANTEN Pausen.“ und: „Pausen machen ohne Reue.“

Das haben sie noch von keinem gehört, insbesondere viele jüngere Coachees nicht. Eher: „Sitzt du schon wieder rum? Hast du nichts besseres zu tun?“

Nein, manchmal ist eine Pause machen, dabei rumzusitzen und Löcher in Luft zu starren, genau das Richtige! Genau das braucht der Körper um sich zu erholen, und der Kopf, um Gelerntes integrieren zu können.

Lernen bedeutet nämlich eigentlich nur, dass der Kopf sich selbst sortiert. Wie ein Schrank, der immer aufgeräumt ist, wenn man neu gekaufte Sachen direkt ordentlich zu den bereits vorhandenen Dingen räumt und dabei eine gewisse Ordnung einhält.

Der Kopf kann das ganz alleine, was er dazu braucht: Zeit und Ruhe. Wenn ein Lernender ihm das nicht gönnt, dann wird er schon bald nichts mehr aufnehmen können. Vor dem Schrank entsteht Chaos und man findet nichts wieder.

 

Die Lehre der Unken

Und so versuche ich immer mehr, mir ein Beispiel an meinen Unken zu nehmen.

Eine sinnvolle Auszeit ist nötig um leistungsfähig zu bleiben. Ob es jetzt um die Vermehrung geht oder darum, seine Arbeit zur eigenen Zufriedenheit zu erledigen.

Auch ich neige dazu, meine körperlichen wie geistigen Bedürfnisse in diesem Punkt zu ignorieren. Doch durch tägliches Meditieren, immer öfter für einen kurzen Moment in mich hineinspüren und einfach achtsam mir selbst gegenüber zu sein, schaffe ich es immer öfter und immer besser, auch mal „nein“ zu sagen. Sowohl, wenn ich selbst etwas von mir will, als auch, wenn andere etwas von mir wollen.

Anderen erkläre ich freundlich und doch klar, warum das jetzt gerade nicht geht. Und in 99% der Fälle hat mein Gegenüber dafür Verständnis und es ist in Ordnung. Das letzte Prozent kann ich gut ignorieren!

 

 

Bitte achtet auch auf euch, übergeht eure Bedürfnisse nach Möglichkeit nicht! Nehmt meine Unken in diesem Fall als gute und weise Lehrer!

Wenn ihr noch Fragen zu dem Lernplan mit sinnvollen Pausen habt, dann kontaktiert mich einfach! (holz-lerncoach.de/kontakt)

Habt eine schöne Woche!

Eure Daniela